Wertschätzende Kommunikation – Meine Geschichte mit Rosenberg

Ich bin überzeugt, dass die wertschätzende Kommunikation nach Rosenberg die Methode ist, mit der wir alle erfolgreicher Konflikt lösen können. Für mich ist die wertschätzende Kommunikation das Mittel meine innere Haltung nach außen zu bringen. Und zwar so, dass ich die größte Wahrscheinlichkeit habe, dass der andere tatsächlich das hört, was ich ausdrücken will. Es geht für mich um die Einheit von Sprache, Körperausdruck, Mimik, Gestik. Alle diese Kanäle, etwas zu sagen, verschmelzen und übermitteln eine Botschaft.

Ausgangspunkt: warum ich mich auf die Suche nach einer Kommunikationstheorie gemacht hatte

Ich arbeite als Psychologin in der LebensWerkstatt. Hier können Menschen mit geistiger Behinderung an Wohnen, Arbeit und Freizeit teilhaben. Eine solche Einrichtung braucht eine klare Position, wie sie mit Macht und Gewalt umgehen will. Menschen mit geistiger Behinderung sind um ein vielfaches sexueller Gewalt und Übergriffen ausgesetzt. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass wir als angestellte Mitarbeiter immer wieder über Rahmenbedingungen entscheiden müssen. Und damit entscheiden wir über den Menschen. In allen Institutionen, in denen Kinder, Jugendliche, Menschen mit Behinderung oder ältere Menschen unterstützt werden, werden Entscheidungen „über den Kopf weg getroffen“. Eine dieser Entscheidungen ist z.B. dass wir die Menschen in Gruppen zusammenfassen. Sie sollen in Gruppen leben, arbeiten oder ihre Freizeit verbringen. Und das zieht als Konsequenz nach sich, dass viele Regeln eingehalten werden müssen. Das ist ein schmaler Grad zwischen notwendigen Einschränkungen und Bevormundung.

2016 durfte ich das Projekt starten, ein Schutzkonzept für die LebensWerkstatt auszuarbeiten. In einem ersten Schritt stellten wir im Projekt fest, dass es sich ganz wesentlich um eine Frage der Haltung handelt. Es gibt nur mich selbst, der mich daran erinnert, den anderen, seine Bedürfnisse und Wünsche zu berücksichtigen. Sehr schnell entscheiden wir für Menschen mit Behinderung und drängen ihnen Unterstützung auf. Sich seiner eigenen Haltung bewusst zu werden und reflektiert mit den unterschiedlichen Bedürfnissen umzugehen braucht ein Handwerkszeug. Dieses Handwerkszeug sollte so einfach sein, dass es in der Praxis leicht anzuwenden ist. Gleichzeitig sollte das Handwerkszeug die Komplexität der Situation berücksichtigen. Und in einem zweiten Schritt sollte uns das Werkzeug ermöglichen, unsere Pädagogik zu planen. Unsere Analyse hatte ergeben, dass in den meisten Fällen ungeplant vorgegangen wurde. Meist kamen die Ideen aus dem Bauchgefühl. Und sie waren nicht mit den Kollegen abgestimmt.

Erste Begegnung mit Rosenberg und der wertschätzenden Kommunikation

Meine Recherche führte mich zur gewaltfreien Kommunikation. Der Weiterbildungsanbieter meiner Wahl war die AIM in Heilbronn. Als Sprachförderdozentin habe ich Zugang zu einem großen Pool an Dozenten und Themen. Ich besuchte eine Veranstaltung, die eigentlich den fachlichen Umgang mit Kindern betraf. Und hier traf ich auf Peter Baum. Er führte uns mit Leichtigkeit durch die vier Elemente, die 6-Stühle-Methode und Bodenanker. Ich hatte das Gefühl. dass ist es, was ich können möchte. Es ist eine Methode, die Theorie und Praxis vereint. Und darüber hinaus werde ich mir klar darüber, warum ich das überhaupt will. Meine Bedürfnisse stehen genauso im Mittelpunkt wie die Bedürfnisse des anderen. Ich löse mich nicht auf (das tun wir gerne in helfenden Berufen), sondern stehe klar zu mir und suche eine Lösung. Das ist es, was eine Werkstatt für Menschen mit geistiger Behinderung braucht.

Meine beruflichen Meilensteine mit Rosenberg und der wertschätzenden Kommunikation

Nach der ersten Schulung habe ich mich entschieden, dass alles weitere im Sprachstil der wertschätzenden Kommunikation stattfindet. Das war für mich eine klare Entscheidung ohne Alternative. Es war mir wichtig, die Methode wirklich zu beherrschen. Das bedeutet, Selbstreflexion und Trainingsfleiß. Ein Teil ist sich selbst auf die Spur zu kommen. Ein anderer Teil ist das gemeinsame Üben.

Seminare Gewaltfreie Kommunikation

Meine Begeisterung für gewaltfreie Kommunikation ist ansteckend. Seit 2017 schule ich alle MitarbeiterInnen in Gewaltfreier Kommunikation. Es gab sogar eine Großveranstaltung in Schwäbsich Hall. Danach kann sich jeder entscheiden, ob er eine insgesamt 4 tägige Weiterbildung in gewaltfreier Kommunikation bei Peter Baum besuchen möchte. Alle weiteren pädagogischen Werkzeuge der LebensWerkstatt bauen auf dieser Methode auf.

Schutzkonzept „Umgang mit unklaren Situationen“

Im Schutzkonzept der LebensWerkstatt steht in der Einleitung die Idee von Rosenberg, was Gewaltfreiheit bedeutet: Es ist eine Welt, in der alle Bedürfnisse zählen. Wenn die Bedürfnisse aller zählen, dann können sie in Ausgleich gebracht werden. Für mich bedeutet es, dass wir anerkennen, dass wir alle voneinander abhängig sind. Es ist also immer ein Aushandlungsprozess, wie die Bedürfnisse aller in Einklang gebracht werden können. Und da wird dann schnell klar, dass das nicht unbedingt möglich ist, ohne das Menschen auf ihre Bedürfniserfüllung ganz oder teilweise verzichten. Es geht also um den Verzicht und ob dieser Verzicht freiwillig erfolgt oder ob er unter Androhung von Konsequenzen wie körperlicher Gewalt oder Liebesentzug oder tatsächlicher Anwendung eingeräumt wird.

Selbstständigkeit als Trainerin

Meine persönlichen Meilensteine mit Rosenberg und der wertschätzenden Kommunikation

Wertschätzende Kommunikation durch dringt alle Bereiche. Es gibt kein Anschalten auf der Arbeit und Ausschalten im Privaten. Nun braucht es vielleicht eine kurze Beschreibung meines persönlichen Startpunktes. Ich bin ein meinungsstarker Mensch. Zu vielem und zu allem habe ich eine Meinung. Es fällt mir leicht mich zu entscheiden. Daher kann ich einen Standpunkt einnehmen und ihn auch halten. Das bedeutet, dass ich in der Kindererziehung recht klar bin. Einfach weil es mir leicht fällt: Kinder können in Kindergarten und Schule laufen und das möglichst selbstständig. Elektrospielgeräte sind schädlich, die gibt es also auch nicht und ein Handy bekommt das Kind mit 13 Jahren. Gleichzeitig diskutiere ich gerne. Ich würde mich als klar, direkt und auf den Punkt kommend beschreiben. Mich auszutauschen ist wichtig für mich. Und damit der Austausch auch stattfinden kann, gibt es gemeinsames Abendessen mit einer großen Portion Gespräch.

Und daher ist es nicht verwunderlich, dass ich meinungsstarke Kinder bzw. jetzt junge Erwachsene habe, die gerne diskutieren und sich für sich einsetzen können. Wie in jeder Familie gibt es verschiedene Themen, die immer wieder aufbrechen. Für meine Familie ist es das Thema Nähe und Distanz. Ich habe meine Ursprungsfamilie verlassen und bin 250 Kilometer nach Süden gewandert. Ein willkommener Anlass war die Arbeit. Ich habe Distanz zwischen mich und meine Ursprungsfamilie gebracht. Und doch bleibt die Familie ein wichtiger Teil. Es ist mein persönlicher Meilenstein mittlerweile einen häufig entspannten Umgang mit meiner Mutter gefunden zu haben. Besonders stolz bin ich darauf, dass das Verhältnis zu meinen Kindern trotz Turbulenzen in der Pubertät heute besteht. Das sah eine Zeitlang überhaupt nicht so aus. Distanz hat da auch seine Vorteile. Ich bin an jeder Auseinandersetzung gewachsen. Meine feste Überzeugung ist, dass meine Grundhaltung der wertschätzenden Kommunikation hier von Vorteil war. Das Wachstum war möglich, weil ich Meinungsverschiedenheiten aushalten und handhaben kann.

veränderung der Alkoholkurse durch die wertschätzende haltung

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