„Wenn du Veganerin bist, darfst du dann …. (Lederschuhe anziehen oder eine Pizza noch essen, auf der Wurst lag, die du runter gepult hast)?“
Das ist eine der häufigsten Frage, mit der ich konfrontiert werde. Etwas in meiner Lebensweise scheint Menschen anzustacheln, herauszufinden, ob ich das wirklich ernst meine. Ich habe keine Zertifizierung als Veganerin. Auch habe ich mich keiner bestimmten Gruppe angeschlossen und den dort herrschenden Ehrenkodex unterschrieben. Meine Standardantwort ist daher: „Ich kann alles essen. Ich möchte es nur nicht.“ Selbst wenn ich einen Tag einlegen würde, an dem ich mir ein Fischbrötchen gönne, dürfte ich mich noch immer Veganerin nennen. Ich erlaube mir, dass ich flexibel sein darf. Ich erlebe keinen Verzicht. Es ist einfach eine Entscheidung, die ich freiwillig getroffen habe. Und ich lebe mit den Konsequenzen dieser Entscheidung. Das unterscheidet sich nicht von anderen Entscheidungen, die ich getroffen habe und mit deren Konsequenzen ich heute lebe.
Hier ein Einblick in meine vegan/vegetarische Geschichte als Beitrag zur Blogparade von Sandra Hoppenz.
Weshalb zuerst vegetarisch und jetzt auch noch vegan?
Ich bin vor über 25 Jahren zu der Überzeugung gekommen, dass ich es nicht verantworten kann, dass Tiere für mich gezüchtet und geschlachtet werden. Besonders unangenehm fand ich die Vorstellung, dass sie vor ihrem Tod noch über diverse Grenzen gefahren werden, damit EU-Subventionen an das jeweilige Unternehmen gezahlt werden. Meine Überzeugung ist, dass ich im Supermarkt die Entscheidung treffe, welches Produkt in der nächsten Woche oder in den nächsten Monaten wieder im Laden zu finden sein wird. Kein Fleisch kaufen war damals die einzige Macht, die ich über die Fleischproduktion überhaupt ausüben konnte. Zunächst war ich also Vegetarierin.
Es verändert im Laufe der Zeit meine Sicht auf Tiere im Allgemeinen. Ich habe also auch eine sehr persönliche Meinung darüber, wo und wie Haustiere gehalten werden sollten. Natürlich geht der Wunsch nach einem Haustier auch nicht an einem vegetarischen Haushalt vorbei. Ich entschied daher, dass wir zwei Hühner vor dem Ausstallen retten und sie bei uns im Garten ihr restliches Leben fristen dürfen. Liebevoll haben wir einen Stall gebaut und das Trampolin umfunktioniert zum Hühnerzaun. Es war eine sehr schöne Zeit von ca. 8 Monaten. Leider hat dann der Fuchs ein Loch entdeckt und das Leben der Hühner endete unschön. Mitgenommen habe ich die Klarheit, dass Hühner überhaupt nicht so viele Eier legen („Jeden Tag ein Ei und sonntags auch mal zwei“ – Der Hühner-Blog informiert.). Wenn wir so Eier konsumieren, wie wir es tun, dann müssen sehr viele Hühner gehalten werden. Nachdem die Hühner nicht mehr waren, habe ich auf Eier in der Küche verzichtet. Erstaunlicherweise ist das zunächst überhaupt nicht aufgefallen. Das Rührei aus Kichererbsenmehl ist wirklich eine schmackhafte Alternative geworden.
Was ist so im Umfeld los?
Meine Familie isst divers. Es ist ihre Entscheidung. Gleichzeitig besteht die Klarheit, dass ich es nicht (mehr) koche. Das habe ich mir erlaubt, nachdem ich nun keine Kinder mehr habe, sondern Jugendliche. Jede kann jederzeit sich etwas einkaufen und in meiner Küche zubereiten. Ich selbst bin da raus. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass gerne gegessen wird, was ich zubereite. Der Drang sich da noch ein Steak in die Pfanne zu werfen ist wirklich selten. Gleichzeitig besteht ja die Möglichkeit, sich in der Kantine oder Mensa unvegan zu ernähren. Wer möchte, dass ich mitesse, kocht vegan. Das ist mittlerweile selbstverständlich. Da ich nicht die einzige bin, ist also der Tisch reich gedeckt.
Was wirklich abgefahren ist, ist die Tatsache, dass so viel mehr pflanzliche Gerichte auf den Restaurant-Speisekarten gelandet sind. Ich hatte wirklich eine Abneigung gegen Tiefkühlgemüse (geriffelt geschnitten) mit weißer Soße entwickelt. Falls ihr nach Heilbronn kommt, dann schaut auf alle Fälle im Velo vorbei. Ich finde es großartig, dass es in meiner Heimatstadt ein veganes Restaurant gibt, das so lecker ist.
Würde ich es wieder so machen?
Jein. Ich würde viel früher auf alle tierischen Produkte verzichten. Heute kochen wir schmackhafter als in der vegetarischen Zeit. Statt auf Fleisch zu verzichten, wurde es so zu einem tatsächlich neuen Lebensgefühl. Und zu diesem Lebensgefühl gehört Genuss. Ich verlinke hier mal mein liebstes Kochbuch. Auf alle Fälle würde ich beibehalten, dass sich jede frei in der Familie entscheiden kann, welche Lebensmittel sie essen möchte. Für mich ist Selbstbestimmung ein wichtiges Bedürfnis. Natürlich freue ich mich, dass es in meinem Freundeskreis selbstverständlich ist, darauf zu achten, etwas ohne Speck oder Schinkenwürfel zu machen. Das verändert häufig den Geschmack nicht wesentlich und ist für mich eine wirkliche Freude. Gleichzeitig ist es meine feste Überzeugung, dass jede selbst darüber entscheiden sollte.
Wenn du jetzt überlegst, ob du vegan leben möchtest, dann schau dir den Film The Game Changers an oder das Interview mit Anke Engelke. Viel Spaß!
Liebe Jutta 🙏🏻 Wow! Danke für deinen knackigen und sehr lebensfroh geschriebenen Beitrag zu meiner Blogparade. Ich glaube fest daran, dass er vor allem denjenigen ein Augenöffner sein wird, die meinen, dass es kompliziert ist mit „divers“-essenden Familienmitgliedern. Herzlichen Dank und liebe Grüsse, Sandra