Mein Gedanke zum Minimalismus

Ich wäre so gerne Minimalistin. Dann wäre ich umgeben von den Dingen, die wirklich wichtig sind. Um so viel weniger Dinge müsste ich mich kümmern. Bisher bin ich jedoch nicht ins Tun gekommen. Da kam die Frage „Wer bin ich ohne meine Dinge?“ von Uli Pauer in ihrer Blogparade genau richtig. Sie ist Minimalistin und Aufräumcoach in Wien. Für mich bedeutet es, dass ich wirklich die Dinge besitze, die ich brauche und anderes loslasse. Die Regel „Wenn eine Sache kommt, geht auch eine Sache.“ habe ich eingeführt. Für manche sind Bücher ein Thema. Hier kann ich wunderbar die Bücherei in Anspruch nehmen. Von Minimalismus bin ich allerdings noch weit entfernt.

Es ist ein Prozess. An manchen Stellen ist es einfach, und andere Dinge scheinen unglaublich zäh an mir zu kleben (oder ich an ihnen).

Dabei ist mir aufgefallen, dass Freiwilligkeit und Selbstbestimmung für mich eine wichtige Rolle spielen. Wenn ich bestimmen kann, was und wann ich loslasse, dann ist es einfach. Jeder Druck führt dazu, dass ich festhalte. Der Druck kann sein, dass wir den Platz für anderes brauchen, dass der Sperrmüll schon bestellt ist. Dann geht gar nichts. Und so kommt es, dass ich hier die Geschichte von meiner Kiste erzähle. Eine unfreiwillige Trennung, die mir bezüglich der Freiwilligkeit und Selbstbestimmung die Augen geöffnet hat.

Die Kiste

Es gibt die Geschichte um diese eine Kiste. Diese Kiste, die mir sofort in den Sinn kam, als ich den Aufruf lese, wer bin ich ohne meine Dinge. Eigentlich kann ich sehr gut entrümpeln. Und trotzdem schmerzt mich der Verlust dieser einen Kiste. Es ist eine schwarze Blechkiste. Der Deckel ist schon verbeult. In der Kiste sind meine gesammelten Fotos. Fotos von meiner Jugend, als ich noch in der Grundschule war, als ich noch Zeltlager organisiert habe, als ich selbst Handball gespielt habe, als ich Studentin war. Eben alles bis zu meinem 28 Lebensjahr. Und da ist dieser Schmerz. Genau diese Bilder hätte ich so gerne wieder.

Irgendwo zwischen Offenbach und Tübingen beim Umzug ist diese Kiste aus meinem Leben in eine andere Umlaufbahn geraten. Peinliches Befragen der Umzugshelferinnen hat die Kiste nicht zurückgebracht. Dass sie jetzt wieder auftaucht, erscheint mir sehr unwahrscheinlich. Und seit dem überlege ich hin und wieder mit großem Bedauern, dass ich keine Bilder habe von genau dieser Zeit. Wenn ich meinen Kindern erzähle, was ich alles in meiner Jugend gemacht habe, sehe ich das Fragezeichen in ihren Gesichtern. So ganz glauben sie mir nicht, was ich für eine verwegene Jugend hatte.

Einiges hat sich seit 1997 verändert. Das Handy und Smartphone führen zu unendlichen Mengen von Fotos und Filmen. Schnell hingeknipst lagern sie in den unendlichen Weiten und großen Mengen meiner Cloud. Ich betrachte sie nicht. Es irritiert mich, dass ich sie weder anschaue noch in irgendeiner Weise den Eindruck habe, sie könnten dieselbe Sehnsucht auslösen wie eben die Fotos aus der Kiste.

Wer bin ich ohne meine Dinge? Ich wäre dieselbe, die ich jetzt bin. Es gäbe Dinge, die ich vermisse und Dinge, über die sich der Schleier des Vergessens legt. Dinge, die eben noch so eine große Bedeutung hatten, können morgen locker mein Leben verlassen. Das ist gut so. Neues kann nur da einziehen, wo Platz ist. Und ich habe Klarheit über mein Bedürfnis, dass es wichtig für mich ist, selbst zu entscheiden.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Silke

    Jutta, ich liebe deinen Artikel! Du sprichst mir sehr aus der Seele. Ich habe schon überlegt, jeden Monat die zehn besten Bilder vom Handy auszudrucken. Noch ist es nur eine Idee, aber vielleicht verwirkliche ich sie noch.

    Um diese eine Kiste ist es wirklich schade, das bedaure ich mit dir. Aber ist es nicht erstaunlich, auf wie vieles wir verzichten können? Ich staune täglich auf meinem Weg zum Minimalismus, wie ich ihn interpretiere.
    Liebe Grüße
    Silke

    1. Jutta Büttner

      Liebe Silke,
      drucke auf keinen Fall die zehn besten Bilder pro Monat aus. Das wären ja 120 Bilder im Jahr. Es wird verflixt schnell wieder etwas, dass du irgendwo lagern musst.

      Es ist fantastisch, auf wie vieles wir verzichten können. Das gibt mir so viel Optimismus für die Zukunft.

      Liebe Grüße

      Jutta

      1. Silke

        Jutta, da hast du rech, wie schrecklich! Dann lieber nicht.
        Ich bin auch sehr optimistisch und schreibe gerade einen Blick in die Zukunft.
        Liebe Grüße
        Silke

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