Zwischen Himmel und Sand: Ein Wüstentagebuch

Du möchtest dich weiterentwickeln? Dann kann ein Tagebuch hilfreich sein. Das wieder hängt davon ab, ob du lediglich aufschreibst, was passiert ist. Oder ob du dir selbst eine Frage stellst. Erst durch Reflexion kann ein Erlebnis zu Wachstum und Weiterentwicklung führen.

Die Frage für mein Wüstentagebuch lautet: was hast du gelernt? Genau diese Frage habe ich von Vera Birkenbihl übernommen. Mit genau dieser Frage wirst du von der Gehirnbesitzerin zur Gehirnbenutzerin.

Schmökre dich quer durch meine Lernergebnisse und Wüstenerlebnisse.

Was hast du heute gelernt?

Tag 1: der Koffer ist weg. Ich laufe am Band hin und her. Der Koffer bleibt verschwunden. Thomas meldet den Koffer vermisst. In 24 Stunden wird der Koffer hier sein. Ich bleibe ganz ruhig. Früher wäre ich aufgelöst, verzweifelt gewesen. Ist das ruhig bleiben Ergebnis meiner Weiterentwicklung? Eher weniger. Wir reisen nur zu zweit. Ich halte nur mich stabil. Nicht wie früher noch eine kleine Gruppe mit Kindern. Gefühle sind ansteckend. Unklare Situationen machen Angst. Mit der gesamten Angst, Irritation einer Gruppe umzugehen ist anstrengend. Und wer es wissenschaftlich möchte, schaut unter Spiegelneuronen nach.

Jutta Büttner im Fensterrahmen des Palastes.

Tag 2:

  • Geduld zahlt sich aus: der Koffer ist da!
  • Halte gute Pläne durch: meine frühere Regel war, im Handgepäck zumindest einen Satz Kleidung und eine Zahnbürste einzupacken. Diesmal hätte es sich wirklich ausgezahlt.

Tag 3: Thomas hat liebevoll herausgesucht, wo wir heute essen. Statt durch die Stadt zu treiben, ziehen wir zielgerichtet los. Es fühlt sich an, als ob wir die Stadt erobert hätten. Besuche eine Stadt mindestens zwei mal.

Tag 4: Daniel, Besitzer des Riads, in dem wir bei der ersten Reise nach Marokko wohnten, hat uns auf einen Besuch eingeladen. Wir klopfen an, die Tür öffnet sich. Allein der Name Daniel öffnet eine Flut von Freundlichkeit. Wir bekommen Tee. Jemand flitz los und kauft Gebäck. Wir zeigen alte Fotos bis ich vor Rührung über den Empfang ein bisschen weinen muss. Genau diese Freundlichkeit nehme ich mit in mein Leben. Freundlich sein kostet nichts und öffnet Herzen.

Tag 5: Ich bin der Typ Reiseübelkeit. Gut vorbereitet sitze ich vorne neben dem Fahrer, kaue Reisekaugummies und schaue gerade aus dem Fenster. Schließlich geht es über das Atlasgebirge. Und dann das: die Straße ist neu angelegt. Kerzengerade ohne gerumpel gleitet der Bus über 2240 Hohe Pässe. Von Reiseübelkeit keine Spur. Erzählungen sind Erzählungen. Ich mache mir ein eigenes Bild. Denn es kann auch alles verändern.

Tag 6: Ich sitze im Salon (die Kamelsättel sind um die Teppiche aufgestellt). Daneben die Wüstenküche. Eine Feuerstelle, Teekannen und ein paar Töpfe. Die Männer schälen Karotten. Alle Handgriffe sitzen. Die Rollen sind verteilt. Sie strahlen Ruhe aus, unterhalten sich. So kann das Leben sein. Freundlich.

Mehrere Mönner in der Wüste vor einem Zelt bei der Teezeremonie.
Bei einem Tee bekommen wir Wüstennamen. Das hört sich besonders an. Tatsächlich können sie sich unsere europäischen Namen weder merken noch aussprechen. Sie erleichtern ihr Leben.

Tag 7: Du ziehst an, was du dir vorstellst. Ingrid ist gestresst. Sie erwartet, dass wir uns oder bestimmte Personen so verhalten, dass wir die Nomadenregeln nicht einhalten. You get, what you belive. Natürlich sind wir ungeübt. Fehler passieren. Der Stress steigt. Daher erziehe ich meinen Gedanken. Ich lebe in der Fülle, Vertrauen und Großzügigkeit.

Tag 8: Ich komme mit einer Teilnehmerin ins Gespräch. Es geht um Vortrag gestalten. Mittlerweile liebe ich die Pause zwischen Worten und Sätzen. Laut Elma Esrig ist es die Zeit in der der Zuhörer denkt und so in meinen Gedanken mitkommt. Hasna fügt hinzu, das Publikum atme mit der Vortragenden. Wenn die Rednerin atemlos werde, werde es auch das Publikum. Hektik breitet sich aus und bekanntlich führt Hektik zu Stress und der blockiert dass Gehirn. Heute nehme ich also mit, dass ich ruhig atme und mein Publikum führe.

Tag 9: Ich übe erhabenes laufen. Es ist die dritte Wanderung. Und tatsächlich, wenn ich schreite, dann sinke ich weniger in den Sand ein, komme leichter voran und fühle mich unglaublich gut. Ein anderes Denken führt zu einer Kaskade von Veränderungen im inneren und äußeren.

Zwei Frauen mit Tüchern im Wind in der Wüste.
Mit Tuch flatternd im Wind ist es ganz leicht ins erhabene laufen zu kommen.

Tag 10: Koller. Ich mag das Wort. Ich bin so genervt. Ich will nicht mehr dreckig sein. Dreck in der Nase, zwischen den Zehen, unter den Fingernägeln. Ich habe fertig. Ich schreie meine Wut in die Wüste. Dabei knirscht der Sand zwischen meinen Zähnen. Belustigt stellt Paul fest, ich sei ein HB-Männchen. Ich mag mich so.

Tag 11:

Tag 12: Mir ist schlecht. Drei weiteren Reisenden ist schlecht. Sie haben bereits Erbrochene, ich noch nicht. Es steht eine Tageswanderung an. Um so ein bisschen herauszufinden, ob es funktioniert mit dem laufen, gehen Saida, Mustafa und ich ein Stück. Da bricht es aus mir heraus. Ich mag nicht mehr in der Gruppendynamik gefangen sein. Ich bin überhaupt nicht ich, weil es so einen Druck gibt. Dabei spreche ich an, dass ich gebeten worden bin, die Geschichte, dass Thomas nachts einen Skorpion gesehen hat, einfach weglasse. Es ist Thomas Geschichte. Ich habe ihm überhaupt nicht zu sagen, was er sagen darf. Mustafa dreht das ganze. Ich habe die Bitte überhört. Alles sei nur eine Bitte. Okay. Das kann ich so stehen lassen. In der Morgenrunde wird dann die Geschichte mit dem Skorpion zum Thema. Alles was uns passiert, sollen wir durch die drei Siebe des Sokrates fließen lassen. Wahrheit, Güte und Notwendigkeit. Etwas zu erzählen nur um Aufmerksamkeit zu erheischen, sei nicht gut. Wow, gewaltfreie Kommunikation wird so zur Waffe. Denn leider fehlt der philosophische Exkurs zum Thema Notwendigkeit. Notwendig ist nicht nur Informationsaustausch, sondern zum Beispiel auch Humor. Zur Freude anderer beitragen ist notwendig.

Kamel in der Wüste von vorne.
Kamele haben ihren eigenen Charme.

Tag 13: Ich brauche Klarheit. Die Regeln verschwimmen. Eine Teilnehmerin mit französisch Kenntnissen übernimmt die Leitung. Sie bestellt für alle das Essen ab. Das irritiert mich. Statt zu vertrauen, dass die Leitung schon etwas tun wird, stoppe ich die Teilnehmerin. Später am Abend wird mein Verhalten Thema. Die Teilnehmerin fragt nach, wie die Seminarleitung dazu steht. Christian erkennt im Verhalten der Teilnehmerin die Schönheit, sich für die Gruppe einzusetzen. Natürlich bekomme ich keine Wertschätzung. Es gab keine Bitte für Klarheit zu sorgen. Ich nehme mit, dass ich geduldiger beobachten sollte, was passiert. Ich denke schnell, das ist gut. Ich atme, bevor ich handle. Tag 14:

Tag 15: Die Aussage von Ingrid am Abend beschäftigt mich. Die Idee war, jetzt am Mittwoch nochmal einzusteigen, wie die Gruppe miteinander umgehen möchte. Ich hatte dazu keine Lust. Für mich sind solche Diskussionen anstrengend und wenig zielführend drei Tage vor Ende der Wanderung. Das habe ich ausgedrückt und dafür eine Mahnung erhalten, dass es darum ginge jeden Tag der Wanderung zu genießen. Es ist kein Genuss. Es ist das alte Muster des Durchhaltens, dass ich wieder lebe. Ich wollte die Wanderung durchhalten, abschließen und mich selbst verleugnen. Stopp – das mache ich so nicht. Ich will nach dem Urlaub meine Leben genießen, nach Zürich fahren und nach Halle. Das bedeutet, ich gönne meinem Körper jetzt die Ruhe, die er braucht. Ein riesen Lernschritt für mich.

Jeep im Hintergrund. Vorne noch der Kopf eines Kamels und ein Beduine.
Unser Jeep aus der Wüste.

Tag 18: Samstag in der Oase. Abdellah Naji, Verantwortlicher für Renard bleu Touareg, schlägt vor, wir könnten durch die Oase laufen. Ich habe keine Vorstellung davon, was eine Oase ist. Wir gehen los und mäandern durch kleine und größere Felder. Dazwischen wachsen mächtige Palmen. Die Schönheit und Fruchtbarkeit lässt sich nur erahnen. Seit 2018 hat es nicht mehr geregnet. Daher sehen viele Palmen trocken aus. Manche habe nicht mal mehr Wedel. Dazwischen wird mit wenig Wasser Klee für die Esel angebaut. Ich bewundere den Optimismus der Bewohner dieses Ortes. Sie scheinen fest davon überzeugt, dass es wieder regnen wird.

Weg in einer Oase, rechts und links eine niedrige Mauer.
Oasen sind voller Palmen, Wege und kleiner Felder.

Tag 19: Das Gras ist nicht grüner auf der anderen Seite. Wie oft habe ich zu anderen geschielt. Deren Leben sah soviel besser aus. Jetzt sitze ich im Bus vorne. Das ist gut für meinen Magen bei kurvigen Strecken und hinten plaudern die zwei Reisenden, die mit uns die Wüste vorzeitig verlassen haben und Thomas. Das Gespräch plätschert und ich freue mich. Wir haben uns etwas zu sagen, sind aneinander interessiert. Ich freue mich. Da ist Austausch und Verbindung. Die restliche Gruppe ist ruhig, will schnellstmöglich nach Hause.

Tag 20: Von uns vier, die die Wanderung vorzeitig verlassen haben, sind noch drei in der Stadt. Unser Freund fragt, ob uns aufgefallen sei, dass er häufig „eigentlich“ sage und so seine Aussagen selbst abschwäche. Ich bin erstaunt. Das sei die Rückmeldung von Christian gewesen und er beobachte nun sich selbst und sei unsicher. Die Erinnerung an die ungefragte Rückmeldung durch Christian kommt wieder hoch. Nach der harmlosen Frage, ob ich mal eine Beobachtung hören wolle, hat er mir gesagt, er könne oft nicht unterscheiden, wann ich einen Witz mache oder zynisch und sarkastisch sei. Das hatte gesessen. Ich bin nie zynisch oder sarkastisch. Ich bin schlagfertig und eine gute Beobachterin, die manches auf den Punkt bringt. Die Rückmeldung hat mich getroffen. Diesmal habe ich es nicht zugelassen, dass es tief geht. Er konnte keine Beobachtung benennen. Dann zählt es nicht.

Tagebuch

Tag 0: „Ich bin auf den Kopf gefallen. Auf keinen Fall gehe ich zur Klausur.dann brauche ich ein Attest.“ Woher nehme ich ein Attest abends um 21 Uhr, wenn ich am nächsten Tag um fünf das Haus verlasse. Drei Tränen später ist klar, es geht auch ohne Attest. Die Laube steigt. Und meine auch.

Tag 1: Um 3.42 Uhr kommt dann tatsächlich eine Information, dass die ausgesuchte Verbindung ausfällt. wer die Deutsxhe Bahn kennt, schaut am Tag vorher in der App vorbei. Gut informiert nehmen wir noch einen Zug früher. Grinsend freue ich mich auf Frühstück im Flughafen. Denn jetzt klappt alles.

Tag 2: Es regnet. An vielen Stellen topft es. Die Stadt ist nicht für Regen gemacht. Das Wetter passt zu meiner Kleidung. Noch immer stecke ich im Pulli von gestern. Noch ist der Koffer nicht da. Plung- es poppt auf, dass jemand auf meinen Anrufbeantworter gesprochen hat. Irgendwie bin ich noch nicht ganz da. Watte hemmt mein Denken. Statt den Anrufbeantworter anzuwählen, rufe ich die Person direkt an. „Wer ist da?“ „Und wer sind Sie?“ „AIM. Sie wollen für uns arbeiten.“ Stimmt. Jetzt läuft es wirklich gut für meine Vision, mehr Wertschätzung in die Welt zu bringen.

Tag 3: Frisch duften starten wir mit grandiosem Frühstück. Die ersten Gefährten sammeln sich. es ist spannend, wenn sich eine Gruppe findet. Der Tisch ist angerichtet. Einen Mensch hat es nach Amsterdam verschlagen. Nun fliegt sie von dort nach London und ihr Gepäck ist verschollen. Nun stellt sie die Frage, ob sie überhaupt kommen soll. Yeah! Sie traut sich und kommt.

Tag 4: Wir schauen uns die Gräber der Saadiens an. Wir schauen im Riad der ersten Reise vorbei. Danach treiben wir durch die Souks zum Museum von Marakesch. Ein wunderschönes Gebäude. Noch immer fehlt ein Koffer.

Tag 5: Wir fahren gemeinsam mit einem Bus nach Zagora. Hier stimmt alles: sanfter Fahrer, leckeres Mittagessen. Bei der Ankunft im Oasenhotel werden wir mit Tee, Datteln und Gebäck begrüßt. Sofort stellt sich ein heimeliges Gefühl ein.

Blau ist die Farbe der Touareg.

Tag 6: Jetzt nehmen wir die letzte Etappe und fahren mit Taxis in die Wüste zum Startplatz der Tour. noch ein kurzes Stück laufen und wir werden am Zeltplatz erwartet. Für jeden gibt es drei Tee: Bitter wie das Leben, süß wie die Liebe und sanft wie der Tod. Damit wir in der Wüste um Hilfe rufen können, bekommen wir Namen, die irgendwie zu uns passen und leicht auszusprechen sind. Fatima werde ich also die nächsten 9 Tage heißen. Gehe ich verloren oder verliere die Orientierung, dann setze ich mich hin und rufe: „Fatima, hier“ und mir wird geholfen werden.

Tag 7: Der Teeruf ist irgendwie viel leiser als erwartet. Wenn er ertönt, dann soll ich zum Feuer flitzen, den ersten Tee trinken und danach meine Sachen packen. Da brauche ich wohl eine andere Lösung.

Wüstenfrühstück

Tag 8: „Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Board“ schmettern wir in die Nacht. Ich fühle mich lebendig. Das scheinen nicht alle so zu sehen. Das verstehe ich. Der Witz trifft mich unerwartet: „“Ich wünsche mir andere Mitreisende“. Ich setze mich aus der Energie. Trotzdem beschäftigt es mich die ganze Nacht. Meine subjektive Wahrnehmung ist Gewalt. Das möchte ich so nicht stehen lassen. In meinem Schlafsack kuschelnd überlege ich meine Worte gut. Ich freue mich daran, dass ich heute diese Dinge bemerke.

Tag 9: Die Tage verschwimmen. Waren wir gestern auf der hohen Düne oder war es vorgestern? Der Blick von der hohen Düne ist fantastisch. Sanddünen soweit das Auge reicht.

Tag 10: Pausetag. Im Schatten eines Baumes liest Thomas aus dem Buch „Wenn du erzählst, lacht die Wüste“. Wir lachen und freuen uns. Die Geschichten passen zu Land und Leuten, versteckt darin soviel Weisheit.

Tag 11: Verwirrung. Wir packen, aber der Plan der Beduinen ist ein anderer. Sie bleiben und der Chef lässt sich auch nicht umstimmen. Es gibt eine endlose Diskussion. Inshalla. Wir nehmen was kommt.

Ich liebe das Lachen – es ist der beste Schmuggler der Gedanken. Lachend nimmt man einen Gedanken, eine Idee viel schneller auf, als wenn man sich eine schlecht gelaunte Predigt anhören muss.

Rafik Schami: Wenn du erzählst, erblüht die Wüste
Ein Kamel liegt mit Körben bepackt. Zwei Beduinen zurren die Körbe fest.
Das Packen der Kamele erscheint jedesmal chaotisch.

Tag 12: Mir ist schlecht. Und ich bin unendlich müde. Daher beschließe ich, es sei doch wirklich interessant, auf dem Kamel zu reiten. Das schaffe ich eine halbe Stunde. Dann kommt mein Tütchen zum Einsatz. Kotzend plumpse ich vom Kamel. Leider darf ich danach nicht mehr reiten. Daher stolpere ich durch die Wüste. Erstaunlicherweise ist genau an diesem Tag bedeckt. So knallt die Sonne nur halb so erbarmungslos vom Himmel. In der Mittagspause schlafe ich. Danach darf ich auf dem Kamel reiten. Die Beduinen sind davon ausgegangen, dass das Schaukel die Ursache der Übelkeit waren.

Ich bin Jutta Büttner.
Wertschätzung ist meine Leidenschaft. Es ist das einfachste Mittel, dein Leben entspannt und freundlich zu gestalten. Du wirst zur angenehmen Zeitgenossin, der die Herzen zufliegen.
Lust auf mehr Lesestoff? Hier findest du Wertschätzung ohne Ende.

Jutta Büttner mit Sonnenbrille auf einer Düne in der marokkanischen Wüste freut sich über eine Pause beim Trekking.

Tag 13: Ich mag das Wasser nicht mehr. Daher hänge ich nun einen Teebeutel hinein. Das ist jetzt hinderlich, dass ich eine isolierende Wasserflasche dabei habe. Um kühles Wasser kühl zu halten, war es fantastisch. Jetzt hindert es den Tee daran, abzukühlen.

Tag 14:

Tag 15 (Mittwoch): Die Nacht war geschäftig mit meinem Darm. Ich bin moralisch zermürbt. Ich habe viele Klamotten verbraucht, habe keine Idee wie ich mit dem Rest die nächsten Tage auskommen soll. Ich gehe zum ersten Tee und wünsche mir einen Kräutertee. Gerade ist der Chef der Beduinen nicht da. Christian ist erstaunt, dass ich weine. Ich fühle mich in meiner Würde ein bisschen geknickt. Ich suche mir einen schattigen Baum. Allzu groß darf Mensch sich diesen Schatten allerdings nicht vorstellen. Frühstück fällt aus. Christian kommt und wünscht, dass zumindest eine Person zur Besprechung käme. Thomas übernimmt die Aufgabe. Ergebnis der Besprechung ist, dass vier Personen gegen den Willen von Christian und Ingrid die Wanderung abbrechen. Trotz der gesundheitlichen Beschwerden konnte kein Verständnis für den Wunsch aufgebracht werden. Aus energetischer Sicht sei nur das bis zum Ende durchführen des Trekking „richtig“. Ich bin froh, dass ich diese Reise gemeinsam mit Thomas unternehme. Sicherlich wäre dieser Druck, sich für mich oder für die Gruppe zu entscheiden in Richtung Gruppe ausgefallen. So entscheide ich mich für meine Gesundheit. Die Reiseleitung schreibt an die Zentrale in Deutschland und an Abdellah Naji, Leitung Renard Bleu Touareg, im Oasenhotel. Nach einem 2 stündigen Marsch durch Dünen erreichen wir einen Platz, ab dem ein Allradjeep fahren kann. Die Fahrt mit dem Jeep ist wirklich toll. Ich sollte hier wohl schreiben, dass ich sowas von für Langsamkeit und Trekking bin. Doch ich gebe zu, in der Wüste motorisiert unterwegs ist fantastisch. Wir erreichen die erste Siedlung und steigen in ein Taxi um. Auf unseren Wunsch hält es an einem Kiosk. Es ist eine ganz wunderbare Erfrischung, einen Softdrink zu genießen.

Mann und Frau sitzen im Schatten in der Wüste.
Kurz vor dem Einsteigen in den Jeep ringen wir uns noch ein Lächeln fürs Fotoalbum ab.

Tag 16: Wir vier, die wir die Wüstenwanderung vorzeitig verlassen haben, sind krank. Trotzdem finden wir Zeit für Gespräche, versuchen das, was passiert ist, zu verstehen. Weshalb ist es der Reiseleitung wichtiger, gemeinsam aus der Wüste zu gehen wie die Gesundheit der Teilnehmerinnen? Forschung zu Gruppendenken ist ein Ansatz. Der andere die Idee, dass das Ziel der Reise überhaupt nicht das Erleben der Wüste war, sondern Ingrid und Christian die Gruppe benötigen um sich selbst als wirksam und Therapeuten zu erleben. Dann ist ein Abbruch so unfassbar, dass er verhindert werden muss.

Tag 17: Die Lebensgeister erwachen und damit auch die Abenteuerlust. Mutig stoppen wir ein Taxi und schauen uns Zagora an. Die Stadt zieht sich entlang der Straße. Nach einer Stunde treten wir den Weg zurück zur Oase an. Schließlich ist heute Hamam geplant. Die anderen werden aus der Wüste zurück kehren. Darauf freue ich mich. Was dann passiert, habe ich nicht in dieser Massivität erwartet. Ingrid und Christian informieren Abdellah Naji, dass kein Kontakt zwischen den Gruppen gewünscht ist. Später wird Ingrid behaupten, dass es umgekehrt gewesen sei. Abdellah Naji habe gespürt, dass es keine Wiedersehensfreude gegeben habe und daher die Trennung angeboten. Fakt ist, dass Christian und Ingrid diese Trennung der Reisegruppe bis bis zur Abfahrt mit dem Kleinbus nach Marrakesch durchziehen. Ingrid informiert uns am Samstag beim Frühstück, dass sie ab jetzt Urlaub machen und keine Reiseleitung mehr seien. Es gab keine versöhnliche Geste oder Nachfrage, wie es uns geht durch Christian bis bei einer Toilettenpause vor der Fahrt über den Atlas.

Tag 18: Abdellah Naji schlägt vor, wir vier könnten durch die Oase wandern. Wie sich herausstellt ein guter Vorschlag. Der Besuch bei der Kooperative der Frauen des Ortes ist ernüchternd. Die Produkte sind wirklich sehr einfach. Und wohl eher für den heimischen Markt.

Tag 19: Das letzte Frühstück will vor Aufregung nicht rutschen. Es geht wieder über den Atlas nach Marrakesch. Ich fühle mich lebendig und soweit fit, dass ich eine längere Fahrt schaffen kann. Jetzt erst ist Christian beim Warten vor der Toilette in der Lage uns anzusprechen. Er habe viel gelernt und möchte uns dafür danken. Für eine Rückmeldung war hier zwischen Tür und Angel keine Zeit. Thomas zieht es sofort nach der Ankunft zum Burgerladen. Er möchte sich wieder gesund fühlen.

Tag 20: Wir treffen uns mit einem Mitreisenden und besichtigen die Koranschule. Es ist beeindruckend, wie viele Studenten auf wenig Raum leben und lernen konnten. Zum Abschied aus der Stadt steigen wir auf die Dachterrasse der besten Bar. Das Leben ist großartig.

Tag 21: Es ist Zeit für den Abschied. Da ticke ich wohl anders wie Thomas. Denn beim Kauf unseres persönlichen Mitbringsel steigen mir Tränen in die Augen. Eine Wehmut schüttelt mich kurz. Ich werde Marokko vermissen.

Was ich wieder genau so machen würde

Marokko als Reiseziel: Ich liebe Marokko als Reiseland. Ich kann Marrakesch uneingeschränkt empfehlen. Als Frau fühle ich mich sicher, auch wenn Mofas in den Souks an mir vorbei flitzen.

Wüste anschauen und mit Kamelen laufen: Wüstentrekking macht Spaß. Sich selbst in dieser menschenfeindlichen Umgebung zu erleben, ist eine Erfahrung, die ich empfehle.

Mit einer Reisegruppe reisen: Ich habe interessante und inspirierende Menschen kennen gelernt. Genau das hatte ich mir gewünscht und bekommen.

Veranstalter Renard Bleu Touareg: Renard Bleu Touareg ist ein Reiseveranstalter, der durch Nomaden selbst gegründet wurde. 8 % der Einnahmen fließen in Projekte des Vereins Azalay und unterstützt die Nomaden, die leider aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr wie bisher als Nomaden arbeiten und leben können. Das Konzept überzeugt und die Verhaltensweisen der Nomaden waren professionell. Derzeit ist die Reise für Menschen nicht geeignet, die pflanzenbasiert essen.

Was ich auf alle Fälle ändern würde

Professionelle Seminarbegleitung: Wer eine Seminarbegleitung bucht, erwartet zumindest, dass diese die Wünsche an die Nomaden weitergeben können. Christian und Ingrid können weder französisch, noch ist eine Ambition zu bemerken, dass sie es lernen werden. Professionell bedeutet, dass ein Reiseabbruch aus gesundheitlichen Gründen kein Drama ist. Statt Gruppendiskussion erwarte ich kompetente Unterstützung. Statt Ausschluss aus der Gruppe und Hinweise auf die eigene Befindlichkeit erwarte ich ausgleichende Verhaltensweisen.

Eindeutige Agenda: Statt eine Wanderung in der Haltung der gewaltfreien Kommunikation wurde eine Wanderung mit Heilung verlangt. Wer kein „Problem“ mitbrachte, wurde regelmäßig darauf hingewiesen, dass es bis zum Ende der Wanderung noch die Möglichkeit gibt, zu überlegen. Ich empfehle eine Seminarleitung auszuwählen, die eindeutig klarstellt vor Reisebeginn, was ihr Ziel der Reise ist. Nomaden unterstützen, Schönheit der Wüste genießen, Selbsterfahrung, Selbstheilung oder Gruppenprozesse? Alles zusammen ist einfach Zuviel und überfordert die Leitung.

Reisedauer: Eine Dauer von 3-7 Tage ermöglicht es, einen guten Eindruck von der Wüste zu bekommen. Es ist hochinteressant, verschiedene Gelände wie ausgetrockneter Fluss oder See sowie Dünenlandschaft zu erleben. Der sandige Wind, die Hitze und erbarmungslose Sonne sind ausreichender Stress für den Körper. Dazu kommt das ungewohnte Wasser. Ich gehe davon aus, diese Kombination hat bei mir zu solchen Schwierigkeiten geführt. Daher rate ich zu einem kurzen Test. Wenn es genau das richtige ist, dann Go for it.

Ehrlichkeit: Während jedes Essen mit einem „mmhh“ und „uih“ von Christian begleitet wurde, was den Teilnehmerinnen bedeuten sollte, dass nun ein kulinarischer Genuss zu erwarten sei, mixten sich die Seminarleitung einen Nahrungsshake nach dem anderen, hatten Brühe und Kokosöl dabei und verbesserten das Wasser durch Waterdrops. Im Nebengespräch stellte sich heraus, dass Christian das Essen nicht mag. Er nehme davon nur soviel zu sich, wie notwendig. An sich ist das in Ordnung. Essen ist Geschmacksache. Unangenehm ist dabei lediglich, dass ich keine Wahlfreiheit hatte und immer wieder darauf hingewiesen wurde, mich ganz darauf einzulassen. Ein ehrlicher Umgang mit den Vor- und Nachteilen der Wüstenküche wäre mir sympathischer gewesen.

Gutmenschtümelei unterlassen: Es ist wichtig, die Menschen vor Ort zu unterstützen. Der Reiseanbieter Renard Bleu Touareg tut dies mit fairen Arbeitsbedingungen. Alles darüber hinausgehende, dass diese Menschen besonders seien und daher ihre Lebensbedingungen behalten sollten, ist rassistisch. Die Vorstellung des edlen Wilden, der in seiner Umgebung seine Feinfühligkeit bewahren kann, entstammt einer anderen Zeit. Genauso ist es Unfug zu behaupten, dass wir tief in der Wüste seien. Jederzeit waren Autos zu hören und Reifenspuren zu sehen. Es ist eine Entscheidung, das Nomadenleben auszuprobieren und für sich zu entdecken. Eine andere Entscheidung ist es, den Fortschritt zu ignorieren.

Reisezeit: Ich würde später fahren, damit es in der Nacht tatsächlich abkühlt. Oktober war noch zu warm. Das hätte den Vorteil, dass ich mich in der Nacht erholen kann. Alle Tiere wie Schlangen und Skorpione sind dann tatsächlich im Winterschlaf.

Fazit

Die Wüste ist ein Erlebnis. Ich möchte keinen Tag der Reise missen. Auch wenn es unangenehm ist, sich einen hartnäckigen Magen-Darm-Virus eingefangen zu haben. Es ist meine Aufgabe, meine Aufmerksamkeit zu lenken. Frei nach Birkenbihl gestalte ich durch meine Gedanken meine Realität. In meiner Welt war das alles großartig. Großartige Kulisse, großartige Mitreisende, großartige Kamele, großartige Nomaden. Es war ein Erlebnis -vielleicht schreibe ich ein Drehbuch darüber.

Fototagebuch

Was sagen Bilder über den Tag aus.

Marrakesch

Thomas Borel und Jutta Büttner mit lächelndem Gesicht.
Wir sind gelandet in Marrakesch.
Bauabsperrung beim Riad Sherazade in Marrakesch. Es sind Risse vom Erdbeben, die repariert werden.
Unser Riad hat unter dem Erdbeben gelitten.
Blick aus einem Fenster auf einen kleinen Vogel.
Blick aus dem Zimmer.
Arbeitsplatz am Boden eines Mannes , der aus Abbruchresten die brauchbaren Fliesenteile herausklopft.
In Handarbeit wird recycelt.
Jutta Büttner und Thomas Borel in den Gemächern der Konkubinen im Palast in Marrakesch.
Perfekte Touristen
Ein älterer Mann liest für sich in der Medina in Marrakesch während um ihn herum Menschen die Waren der kleinen Läden anschauen.
Medina Marrakesch
Kleine Läden in der Medina in Marrakesch
Medina Marrakesch
Jutta Büttner und Thomas Borel in Marrakesch in einem Park.
Beschwingt starten wir in unsere Stadtwanderung.
Frau vor Kakteen von unten nach oben fotografiert.
Im Garten des La Mamounia ein schickes Foto.
Lampe im Ringangsbereich des Hotels La Mamodia besteht aus vielen dicken Tauen, auf die Glasperlen aufgefädelt sind.
Im La Mamoudia gönnen wir uns Tee und Snacks. Allein die Eingangshallenlampe ist schon so beeindruckend.
Jutta Büttner und Thomas Borel in Marrakesch mit guter Laune.
Glücklich im Garten des Hotels La Mamoudia.
Dachterrase bei Nacht des Limoni in Marakesh
Heute mal Italienisch.
Jutta Büttner isst italienisch.
Limonen Ravioli im Limoni.
Bild bei Nacht vom Jemaa el-Fnaa in Marokko
Der große Platz. Unverwechselbar.
Königsgräber der Saardiere, Herrscher in Marokko
Königsgräber in Marrakesh
Katze in Marrakesh
Königskatze im Friedhofsgarten?
Große Halle im Museum Marakesh
Museum Marakesh
Jutta und Thomas im Riad von Daniel
Wir besuchen unser erstes Riad in Marakesh.
Gerüst an Gebäude in Marrakesh, Marroko 2023 nach dem Erdbeben.
Das Erdbeben hat Spuren hinterlassen.

Fahrt über den Atlas

Berggipfel im Atlas, Marokko
Wir fahren über den Atlas
Jutta Büttner vor Sonnenuntergang.
Fantastischer Himmel auf der Dachterrasse des Oasenhotels.
Sonnenuntergang in Zagora, Marokko
Erster Sonnenuntergang nah der Wüste.
Zimmerbrunnen im Oasenhotel mit Blumen dekoriert und Räucherwerk.
Im Innenhof wird geräuchert.
Hauswand mit dem Schriftzug Coca Cola
Hier erschien es mir noch schräg, dass Cola schon da ist. Später hat es uns so gut getan, eine Cola zu bekommen.

Wüste

Zwei Menschen sitzen im Beduinenzelt
Wir warten auf unsere Wüstennamen: Fatima und Hamidi.
Jutta Büttner lächelt und sitzt auf Berberteppichen in der Wüste.
Nach einer kurzen Wanderung sind wir am ersten Lagerplatz. Ich sitze im Salon und schreibe Tagebuch.
Frau mit Sonnenschein läuft auf Düne in Marokko.
Am 3. Tag wandern wir zur großen Düne und bezwingen sie.
Wanderer auf Kamm einer Düne, Wüste, Marokko
Eine Dünenwanderung ist so beeindruckend.
Frau in der Wüste auf Düne.
Ich bezwinge die große Düne.
Mensch auf Düne in der Wüste.
Es könnte einsam sein.
Wüste
Die Wüste, wie wir sie uns vorstellen. Tatsächlich war es mehr Steinwüste.
Sonnenuntergang in der Wüste.
Jeden Abend beglückt uns der Sonnenuntergang.
Frau mit Zopf schaut in die Wüste.
Der Wind zerzauselt jede Frisur.
Mann und Frau sitzen in der Wüste. Im Hintergrund Kamele.
Inshalla – warten, wann der richtige Zeitpunkt ist.
Schild in der Wüste für landende und startende Flugzeuge.
Unsere Wanderung führt über die Wüstenlandebahn.
Heiliges Gebäude in der Wüste Marokko
Der Heilige Ort der Nomaden.
Zwei Menschen tragen Sonnenbrille und den blauen Turban der Touareg.
Nimm unbedingt ein Tuch mit in die Wüste!
Leider hinterlassen wir und andere Karawanen u
Eine betonierte Wasserstelle in der Wüste mit großem Photovoltaik-Panel im Vordergrund. Menschen sitzen am Boden und versuchen die Elektrik zu reparieren.
Reparaturversicherung an der Wasserstelle.
Frau schaut nachdenklich. Im Hintergrund eine große Palme.
Zurück im Oasenhotel reflektieren wir das Geschehen.
Frau sitzt an Tisch mit Salat vor sich. Sie lacht.
Große Freude, als ich wieder essen kann.

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