Das Geheimnis hinter überzeugendem Auftreten

Im Saal wird getuschelt. Dann betritt die Rednerin den Raum. Sie füllt mit ihrer Präsenz die ganze Bühne. Eine konzentrierte Atmosphäre entsteht wie aus dem Nichts. Gebannt warten die Zuhörer auf die ersten Worte. Geschickt lenkt die Rednerin die Aufmerksamkeit des Publikums. Jede Geste sitzt. Nichts ist zufällig. Und dann das große Finale. Der letzte Satz hängt noch Minuten in der Luft, bevor der Applaus einsetzt. Von solchen Momenten sind wir fasziniert. Was ist das Geheimnis hinter Präsenz und überzeugenden Auftritten?

Hinter überzeugendem Auftreten steckt harte Arbeit und Übung. Persönliche Präsenz bedeutet, dass du klar bist. Innere Haltung und Körpersprache bilden eine Einheit. Ohne die Klarheit darüber, wer du sein willst, wofür du stehst und wohin du führen möchtest, bist du nicht präsent. Ein Schritt ist, sich selbst kennenzulernen. Dieser Herausforderung habe ich mich gestellt. Ich habe viele Seminare und Workshops besucht, in denen ich über den Verstand meine Persönlichkeit weiter entwickelt habe. Jetzt ist es Zeit für einen Test. Ich stelle mich der Herausforderung, dass ich an einem völlig neutralen Gegenüber herausfinde, ob ich präsent bin. Meine Übungspartner sind Pferde. Meine Coach Elma Esrig. Die Challenge 4 Tage raus aus allem gewohnten und mich selbst checken. Und dann gebe ich all meine Erkenntnisse an meine Coachee weiter.

Weshalb eine Challenge?

Das Gehirn verbraucht viel Energie, wenn wir es zum Denken nutzen. Grundsätzlich ist der Mensch ein Energiesparmodell. Noch aus der Neandertalerzeit versucht das Gehirn schnellstmöglich Muster zu bilden. Dann kann es automatisieren. Auch wenn du glaubst zu denken, ist es mit großer Wahrscheinlichkeit ein Muster, eine Routine, die abläuft. Das spart jede Menge Energie. Launige Vorträge dazu gibt es bei Spitzer und Busch. (Kein Link – sorry DSGVO) Hier die einfache Version: Stelle dir vor, dein Gehirn ist wie ein Dschungel. Um irgendwohin zu gelangen ist es notwendig, mit der Machete einen Weg durch das Dickicht zu schlagen. Das kostet Kraft. Sobald jedoch eine Schneise entstanden ist, wird es leichter. Niemand käme auf die Idee, ein Stückchen links oder rechts durch den Dschungel zu laufen. Wir bleiben auf dem Pfad. So wird der Pfad immer breiter und angenehmer. Es erscheint völlig logisch, diesen Pfad zu nehmen. Selbst wenn ich eigentlich woanders hin will, werde ich ihn nutzen und erst im letzten Moment abbiegen. Jeder Gedanke führt dazu, dass sich Synapsen verbinden. Denke ich den Gedanken häufiger bildet sich ein Trampelpfad. Es wird leichter, diesen Gedanken zu haben. Und ich hinterfrage den Gedanken nicht.

Wenn du ein Muster verändern willst, dann brauchst du entweder einen wirklich guten Plan oder eine krasse Veränderung der Situation. Was ist so eine krasse Veränderung? Ein Kind wird in eine Familie geboren. Das Paar wird Eltern. Bäm. Jetzt verlieren Routinen ihre Gültigkeit und werden überdacht. Diese Veränderung will natürlich gut überlegt sein. Übrigens geht es auch leichter. Wenn du also keine Lust auf krasse Situationsveränderungen hast, dann ist ein „Revolutionstage“ das richtige für dich. Den Tipp habe ich gerne von Louise Geier Asfiaoui übernommen. Wie funktioniert nun ein Revolutionstag? Mache einen Tag lang alles anders. Erledige alle Handgriffe mit der linken Hand. Verdrehe die Abläufe. Dusche zuerst und putze dann die Zähne. Trinke Tee statt Kaffee. Iss dein Marmeladenbrötchen am Abend. Fordere deine Synapsen heraus, sich anders und neu zu verbinden. Oder buche dir ein pferdegestütztes Präsenztraining, wenn du absolut keine Ahnung von Pferden hast.

Ich fühle mich wohl bei Vorträgen. Wie sieht es mit meiner Präsenz aus?

Weshalb ist das für mich persönlich eine Challenge?

Die Trainerin Elma Esrig

Im Frühjahr flatterten einige Angebote für Online-Kurse in mein Mailpostfach. Und an diesem Angebot bleibt mein Auge hängen: Unvergesslich! Ein Training, wie ich Vorträge so halten kann, dass die Zuhörer an meinen Lippen kleben. Der Beta-Kurs ist gegen Feedback zu haben. Das traue ich mir zu und gerne gebe ich meine Kommentare ab. Ich klicke mich in die Live-Übertragung und bin vom ersten Moment an fasziniert. Elma nimmt einen Text auseinander, zerlegt ihn in Handlungsschritte und erklärt mir, was in meinem Kopf vor sich geht. Ich lerne die Zäsur zu lieben. Mittlerweile kann ich erkennen, dass ich die Pause zu wenig nutze. Ich möchte langsamer werden, mein Tempo der Denkgeschwindigkeit meiner Zuhörerinnen anpassen.

Davon will ich mehr. Und gleichzeitig bin ich besorgt, dass ich nicht mithalten kann mit soviel intellektueller Größe. Elma ist Philosophin. Jedes Wort scheint zu sitzen, kommt aus ihrer Kraft. Elma ist eine Herausforderung in sich. Hier ein Auszug aus ihrer Beschreibung:

„Du willst Führung in Klarheit und Begeisterung erleben? Und erlernen, wie du dafür deine Ausstrahlung ohne Sprache, ohne Hilfsmittel, ohne Tricks einsetzt?
Deine Präsenz und Ausstrahlung lässt sich trainieren, mit Trainern, die wissen und verstehen, wie Körperenergie (Spannung der Tiefenmuskulatur), Absichten, Raumpositionen und Timing zusammenwirken. Einer dieser Trainer bin ich, Elma, mit meiner Erfahrung als Schauspieldozentin und meiner Praxis in der Verständigung mit Pferden …
…. die anderen Trainer sind meine Pferde. Sie sind nicht darauf konditioniert, auf Signale hin ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Sie tun, was Pferde am besten können: deine Absichten aus deiner Körperhaltung und aus deinen Bewegungen zu lesen und sie durch ihre Antwort darauf zu verändern: hin zu mehr Klarheit, wahrnehmbarer Expressivität, überzeugender Präsenz.“

Meine Challenge mit Pferden

Pferde sind groß und stark. Ich trete einem Pferd gegenüber und soll es durch meine Ausstrahlung, feine Gesten und Klarheit überzeugen. Meine bisherigen Erfahrungen beruhen auf dem Kontakt mit Schulpferden, auf denen meine Töchter reiten gelernt haben. Diese Klein-Pferde hatten keine Lust täglich Reitanfängerinnen herum zu tragen. Als Vegetarierin widerstrebt es mir, einem Tier meinen Willen aufzuzwingen.

Was mich rettet ist mein Pferdeverständnis von meinem Vater. Mein Vater hat im Alter von 14 Jahren Hufschmied gelernt. Er hat mit Respekt von den Tieren gesprochen. Und ich habe Seinen Mut geerbt.

Abenteuer einfaches Leben

Ich würde gerne die vier Tage am Hof übernachten. Wirklich raus aus meinen Denkmustern. Jetzt ist am Hof kein Zimmer mehr frei. Es gibt eine Hütte in der Pferdekoppel. Für mein Experiment genau das richtige. Nach dem Training sitzen wir zusammen am Lagerfeuer. Jeder bringt etwas zum Grillen mit. Ich stelle mir vor, nach dem Lagerfeuer schlendere ich zu der Hütte – ohne Dusche, Toilette und WLAN. Ich schlafe und wache mit dem ersten Sonnenstrahl auf. Mein Kopf ist frei und kann alle neuen Eindrücke aufsaugen.

Vorfreude steigt

Natürlich schaue ich, was sich auf dem Kanal von Elma tut. Und siehe da, weitere Teilnehmerinnen des Online-Kurses, der mich angefixt hat, haben sich ein Training bei ihr gegönnt. Jetzt verdoppelt sich meine Aufregung.

BeLetter vom 29.07.2022

Hallo Jutta,

es gibt da ein Gedankenknäuel, das sich in meinem Hinterkopf festgesetzt hat. Ganz hinten, dort, wo es nicht richtig stört, aber dennoch an meinen Nerven zieht und Beachtung will.

Ich dachte ja eigentlich, dass diese Frage für mich geklärt ist – warum ich meine Trainings für Führung, Präsenz und für Vorträge mache. Dass ich sie ehrlich (und ja, etwas provokant vielleicht), aber wirklich erschöpfend beantwortet habe: Ich bin begeistert davon, was es heißt, andere zu faszinieren, begeistert von diesem besonderen Tun, das es erfordert.

Weil es zum einen meine Expertise ist. Also ich kann das gut, andere zum Glänzen bringen. In 26 Jahren Schauspieltraining war genau dies mein Aufgabenfeld: Anderen (und zwar nicht immer von Begabung Geküssten!) die Methode und Techniken an die Hand zu geben, mit denen sie ihr Publikum begeistern.
Dachtest du, dass es im Schauspiel um etwas anderes geht? Nein! Die Techniken sind vielfältig, Körpertraining, Stimmtraining, Gesang, historische Kenntnisse …, aber alles UM ZU BEGEISTERN. Nichts weniger ist das Ziel, ganz prosaisch: der Job, eines Schauspielers. Mit nichts weniger könnte er zufrieden sein.

Zum anderen, wie gesagt, bin ich selbst fasziniert von der Faszination – davon, was sie genau ist und durch welches Handeln sie erzeugt wird. Manipulation (die kleine, miese Schwester der Faszination) lässt sich vielleicht mit Grundlagen der Psychologie, vielleicht auch nur mit Menschenkenntnis und Schlauheit bewerkstelligen … Aber das Besondere an der Faszination (wie ich sie verstehe) ist: sie ist immer echt und wahrhaftig. Sie funktioniert nicht über Tricks, sie gelingt nur durch wirkliche Hingabe (und gelebte Technik!) desjenigen, der fasziniert.

Also was will dieses Gedankenknäuel jetzt noch von mir?
Und dann, vor ein paar Tagen, fing es an zu rollen und sich aufzudröseln. Eine Erinnerung war es, die den Anstoß gab, die Erinnerung an die Lehrer, die mir in meinem Leben wichtig waren. Haben sie viel gewußt über ihre Themen? Zweifellos! War es diese Expertise, die sie für mich so prägend gemacht hat? Keineswegs!

Was ich damit sagen möchte und hier mal ganz gelassen hinschreibe:
Deine Expertise ist nicht das Entscheidende!

Wenn du in irgendeiner Weise Lehrende(r) bist – TrainerIn, CoachIn, BeraterIn – dann wird letztlich alles davon abhängen, wie du deine Inhalte vermittelst, was dein eigenes Anliegen ist, warum du es machst und – wer du bist.
Alles Wissen lässt sich jederzeit auch woanders finden. Aber bist du in der Lage, dein Gegenüber für dieses Wissen zu öffnen? Und damit meine ich nicht zu „motivieren“. Die Motivation, sich Wissen anzueignen, sich zu verändern, ist da, dein Gegenüber ist ja da … Gelingt es dir jedoch, mit diesem Wissen deinen „Schüler“/“Kunden“ zu ergreifen? Es tiefer und wirksamer zu implantieren als nur in seinem Denken und Verstehen?
Dafür braucht es persönliche Präsenz und die Fähigkeit, aus Worten Erlebnisse zu formen. Das heißt, nicht nur Schauspieler müssen ihr Publikum begeistern. Jeder, der – in welcher Form auch immer – lehrt, braucht diese Fähigkeit. Braucht sie ganz gewiss, wie es eben Humus braucht, damit etwas wurzeln und wachsen kann.

Und das ist es, was ich dir zeigen, mit dir Schritt für Schritt trainieren will. Wenn du andere Menschen zu einer neuen Sichtweise, einer neuen Denkweise, zu einem veränderten Verhalten oder auch nur zu anderen Handlungsweisen führen möchtest, dann werden dir deine Expertise und Inhalte allein nichts nützen. Ich möchte Lehrenden zeigen, wie sie ihre Expertise live oder online in einen kraftvollen Impact verwandeln.  

Und jetzt verstehe ich mich im Nachhinein auch selber besser. Als ich Anfang dieses Jahres meinen ersten Online-Vortrags-Kurs angeboten habe, da knallte die Titel-Idee der wunderbaren Judith Peters für mich sofort: „Unvergesslich!“ Eben weil ich selbst eine kleine Handvoll unvergessliche Lehrer/Trainer/Mentoren hatte. Glaub mir, das ist keine Eitelkeit, wenn du „unvergesslich“ werden willst (mit deinem Auftreten, mit deinem Reden)! Es ist der Wunsch, einen Impact zu erzeugen mit dem, wofür du stehst, einen Fußabdruck in der Welt zu hinterlassen, in Resonanz zu gehen und etwas zu verändern – für andere. Und für sich selbst: Be the difference zu realisieren (hier findest du die Deutung meines Claims).

Dafür habe ich – je nachdem, was dich gerade stärker quält oder machtvoller lockt – zwei Angebote für dich:

– Vom 08.08. an biete ich 10 Spots für eine 60-Minuten-Vortragstrainings-Session kostenlos an und erstelle mit dir einen Fahrplan für deine Vortrags-Calls oder Live-Reden. Melde Dich jetzt HIER an und wir treffen uns – solange ich noch freie Plätze habe – in einem persönlichen 1-zu-1-Zoom-Meeting.

– Vom 25.08.-28.08. halte ich mein nächstes WorkEvent hier auf unserem Alten Gutshof. Wenn du erfahren willst, wie deine körperliche Präsenz ohne Worte oder Signale, ohne Tricks und Tools dein Gegenüber zu führen imstande ist, dann melde dich an, indem du auf diese E-Mail antwortest. Ich schicke dir dann alle notwendigen Infos für den Kurs zu, und wir können gemeinsam sehen, ob das für dich jetzt das Richtige ist. Die Plätze auf meinen WorkEvents sind auf 5 Teilnehmer begrenzt!

Nun, die Informationen und Features zu meinen WorkEvents sind das Eine, das Andere ist, was sie bewirken. Und das sagen andere Teilnehmer darüber:

„Die Sommertage bei euch waren für mich so märchenhaft schön (allein euer mit Herzblut bis ins Detail restaurierter historischer Vierkanthof!) wie berührend und bereichernd.
Bis heute trage ich das Bild von Andrej in mir, wie er nach einer Stunde Arbeit zu mir kommt und mich unverwandt anblickt. Wenn ich Trost oder Mut brauche, hole ich es aus dem Herzen. Ja, und seither, das ganze letzte Jahr, begleitet mich die Erfahrung, die ich mit ihm und dir an der Seite gemacht habe: wie es sich anfühlt, meinen Raum einzunehmen. Das war eine kleine Erleuchtung. Welche klare, blühende Wirkung dieser Raum entfaltet, in mir und um mich herum, wenn ich in meiner Präsenz bin! Das übe ich.“ Andrea Badelt, München

„Das pferdegestützte Coaching war eines der intensivsten Erlebnisse in meinem Leben. Man lernt viel über sich und man lernt viel über Pferde allgemein und über das individuelle Pferd, dem man hier begegnet. „Die Pferde laden uns ein, ein Pferd zu sein“, ist ein Satz von Frau Esrig, den ich verinnerlicht habe. Das Pferd wird zum Übungspartner und zum Freund. Ich habe Momente der Verschmelzung erlebt, die sehr einzigartig waren.“ Oliver Bengl, Starnberg

Ganz herzliche Grüße,
Elma

Tagebucheintrag 03.08.2022

Das Auto ist gepackt. Die letzten Tomaten habe ich geerntet, eingepackt als Notration. Jetzt ist es wirklich so weit, ich starte. Mein Abenteuer beginnt. Die Smartwatch bleibt zu Hause. Ich begebe mich jetzt aus Raum und Zeit. Vielleicht doch ein bisschen pathetisch? Zu viele Erwartungen? Ich stelle mir vor, dass ich abgeschnitten bin in der Natur. Gut, es ist mitten in Deutschland, in der Nähe von Passau. Strom und WLAN haben sie schon. Neben einer Präsenz, die meine Zuhörer in ihren Bann zieht, könnte in meiner Fantasie gerade morgen der meiner Traumfigur sein. Seit Silvester schlage ich mich mit 7 Kilo zu viel am Bauch und besonders unter dem Kinn herum. All diese Schwierigkeiten könnten morgen enden, weil ich abgeschnitten von Verlockungen der Zivilisation meine Tomaten knabbere.
Bevor ich weiter abschweife, hier mein IST-Stand. Den vergleiche ich dann mit meiner Befindlichkeit am Sonntag.
Ich habe diese Woche Montag mein Mitarbeitergespräch geführt. Ich feiere, dass ich meine Bitte nach Gratifikation geäußert habe. Was genau angekommen ist, kann ich im Nachhinein nicht mehr sagen. Danach ein wirklich fieser Termin in einer Niederlassung. Menschen versuchen einfach etwas schlecht zu machen mit der Idee, dann verbessert es jemand. Beeindruckend ist, dass ich zum Retten neige. Ds könnte ein Glaubenssatz sein, der nach Veränderung schreit. Mit der Hilfe durch meinen Kollegen stelle ich das Retten vorläufig ein. Dazu fällt mir ein, dass ich auf dem Weg hier zum Motel im Radio den Spruch des Tages gehört habe: Die Kunst eines erfüllten Lebens ist die Kunst des Lassens: Zulassen, Weglassen, Loslassen – Ernst Ferstl

Das könnte das Motto für die ganze Reise sein.

Während der Fahrt ist es mir eine Freude, diverse Telefonate zu führen. Ich spreche mit Thomas Witte darüber, endlich ein Geschäftskonto zu eröffnen. Er rät zur lokalen Bank vor Ort. Das kann ich mir noch überlegen. Mit meiner Freundin Franziska bespreche ich meine Gehaltsverhandlung nach. Das Funkloch trennt uns.

Ich fahre von der Autobahn ab. Bereits an der ersten Kreuzung missverstehe ich die Navigation. Das bedeutet, ich fahre wieder auf die Autobahn auf. Fast. Ich entscheide mich zu drehen. Was zur Folge hat, dass mich ein Auto verfolgt, während ich auf einer Nebenstrasse krieche, um das Motel zu finden. Das ist unangenehm. Erst beim Einbiegen in den Parkplatz kann ich erkenne, dass es ein Polizeiauto ist. In meinem persönlichen Wahnsinn freue ich mich. Meine erste Polizeikontrolle. Daraus wird nichts. Sie drehen und trollen sich echte Verbrecher fangen.
Die Tür zur Rezeption ist angelehnt. Das Motel wirbt mit 24 Stunden Service. Ich luge durch das Fensterchen. Eine alte Frau schiebt ein Klappbett zur Seite. „Sind sie die von Booking.com?“ Wahrscheinlich bin ich die von Booking.com. Ich bekomme den Schlüssel und die Anweisung, an der Tür innen stehe Johannes und ein paar Ziffern. Erst im Zimmer verstehe ich, dass es das WLAN-Passwort ist. „So, ich habe ihnen den Schlüssel gegeben. Morgen geben sie den Schlüssel wieder bei mir ab. Ich will sie fragen, wie sie geschlafen haben. So ist das.“ Das ist ein wirklich gutes Argument.
Direkt nach dem Losfahren ist mir aufgefallen, dass ich kein Duschbad dabei habe. Das führt dann zu der Überlegung, doch im Hotel einfach was mitzunehmen. Nach der Begegnung heute kann ich das dann doch nicht machen.

Tagebucheintrag 04.08.2022

Wie versprochen erscheine ich an der Rezeption, um mich zu verabschieden. Ursula (den Namen kenne ich aus der WLAN Benennung) hinkt heran. Sie freut sich, dass ich gut geschlagen habe. „Ich bin 86 Jahre alt. Ich wünsche ihnen Gesundheit, schöne Tag und Frieden. Sie wisse, dass es ihr nicht guttut, trotzdem schaue sie Nachrichten.“ Dann seien die Bilder von der Vertreibung wieder da. Die russischen Männer, die Gefangenen, die KZler.
Auf der Autobahn stelle ich fest, wie schnell sich Pläne ändern. Gerade noch war ich dabei zu überlegen, wo der nächste Bäcker ist und jetzt bin ich damit beschäftigt, ob ich wohl pünktlich komme. Die Baustelle zwingt zum Schritt fahren.

Abgefahren von der Autobahn biege ich in eine kleine Straße, die schnell zu einem Weg wird. Jetzt verstehe ich die Frage der NAVI, ob ich auch unbefestigte Straßen fahren werde. Ich schlängle mich zum Vierseiterhof von Elma. Mit dem Panda finde ich natürlich ein Plätzchen zum Parken.

Überwachsen präsentiert sich der denkmalgeschützte Hof.

In der Mitte des Hofs steht ein großer Holztisch. Jim, der Hund, begrüßt mich sofort, schnüffelt an meinem Schritt und ist mit meinem Geruch zufrieden. Nach der Fahrt tut der Kaffee gut. Ich lerne die anderen Seminarteilnehmer kennen. Sie kommen aus dem Bereich Schauspielerei, Gastronomie und Rundfunk/Fernsehen.

Im Hof am großen Tisch finden die Besprechungen statt.

Was ich heute bis zum Mittagessen verstanden habe: Wenn ich führe, dann übernehme ich Verantwortung. Ich gebe dem anderen das Versprechen, dass ich ihn durch die Situation bringe und er darauf vertrauen kann, dass ich sicher bin, dass es gut wird. Wenn er mir vertraut, dann gibt es kein Ausweichen oder Ablassen. Zum Führen gehört daher auch Nein-Sagen. Nein, das ist jetzt nicht dran. Nein, ich habe eine bestimmte Vorstellung und du kannst mitkommen. Die Absicht, die nicht zu sehen ist, gibt den Ausschlag. Es ist keine Drohung dahinter. Es wartet keine Konsequenz. Wenn ich Nein sage, dann habe ich ein attraktives Angebot für dich. Ich begeistere dich, mit mir mitzukommen. Wenn ich etwas nicht möchte, dann ist es deine Handlung. Deine Person ist immer willkommen.

Pferde sind Herdentiere. Wenn wir sie aus der Koppel holen, wenn sie ihre Herde verlassen müssen, dann bedeutet das, dass wir ihnen ein anderes Angebot machen, dass genauso angenehm ist, wie in der Herde zu verbleiben.

Ein Pferd frisst Gras. Das ist jetzt sicherlich nicht die energiereichste Nahrung. Es ist daher ein großes Geschenk, wenn es aufgrund unserer Führung und Präsenz, das tut, was wir möchten. Jetzt wird mir erst klar, was es bedeutet, wenn ein Pferd uns an einen Ort träg, an den wir gelangen wollen. Es handelt komplett gegen seine eigenen Bedürfnisse. Häufig wird diese Unterordnung der eigenen Bedürfnisse darüber hergestellt, dass wir das Pferde konditionieren. Ein Fluchttier zu konditionieren, ist leicht. Aus Angst lernt es, sich so zu verhalten, wie es der Mensch möchte. Spannend ist der Umkehrschluss. Wir lernen nichts. Während das Pferd Stimme und Stimmlage, Gesten und Rituale lernt, fühlen wir uns überlegen dafür, es dem Pferd beigebracht zu haben. Das ist jetzt schon peinlich.

„Wenn es sich nicht führen lässt und Gras interessanter ist als du, dann sag „Nein“ und sag, was es tun soll.“ Nein-Sagen reicht nicht. Es gibt immer wieder Coaches, die vermitteln, Nein ist ein ganzer Satz. Das kann schon sein. Im Training mit dem Pferd ist sofort klar, das reicht nicht. Wir versuchen, das Pferd von der Halle wieder auf die Koppel zu bringen. Das Pferd möchte lieber am Wegrand stehen und fressen. Wenn Nadine ihm klarmacht, dass das jetzt nicht dran ist, blickt er auf. Dann ist es notwendig, dass sie aktiv wird. Sie geht klar in die Richtung Koppel. Im Tun erscheint es sonnenklar, dass es Reaktion und Aktion braucht. Und gleichzeitig bemerke ich, wie häufig, ich ein Nein ausspreche, ohne dass ein Angebot folgt, was denn dann alternativ passieren soll.

Übung: „Geh durch die Halle und sage dir, dass alles ist mein Raum“ Ich schreite durch den Raum und merke, wie viel sicherer ich werde. Mit wenigen Schritten erreiche ich viel Souveränität. Einfache Anweisung, große Wirkung.

Persönliche Abendnachlese:

„Ich kann sehen, dass du nur 60 % gibst. Da ist noch die Angst, was passiert, wenn das Pferd nicht tut, was ich möchte.“ Ich fühle mich gesehen. Für Elma ist das ganz einfach. Nach der Ablehnung des Angebotes kommt ein neues Angebot. Es passiert einfach nichts Schlimmes. Ich merke, dass mein Mindset noch nicht bis dahin reicht. Nach der Ablehnung kommt doch die Abwertung. Dann habe ich es nicht geschafft. Also mache ich es nicht mit 100 % Energie. Dann ist der Grund ja sofort klar. Ich spare mir meine Selbstabwertung. Gerade lerne ich, Energie, Position im Raum und Timing entscheiden darüber, ob mein Angebot überhaupt wahrgenommen wird. Meist ist es die Kombination, die noch nicht stimmt. Dann wird das Angebot abgelehnt, nie jedoch meine Person. In meinem Kopf habe ich diese Erkenntnis schon länger. Wie überzeuge ich nun mein Unterbewußtsein, meinen Körper auch so zu steuern? Das wird sicherlich die nächsten Tage noch spannend.

Tagebucheintrag 05.08.2022

„Heute Nacht habe ich so wenig geschlafen. Es ging mir so viel durch den Kopf.“ Meine Kolleginnen und Kollegen im Training haben sich durch die Nacht gewälzt. Ich habe meine einfache Hütte genossen. Dabei räume ich ein, dass ich mir einen Luxus geleistet habe. Von einer Reise gab es noch ein Insektennetz. Das habe ich über meinem Bett aufgehängt. So gesichert, waren die Geräusche ungewohnt und leicht hinzunehmen. Sogar das Schlagen der Kirchturmuhr konnte mich nicht davon abhalten, meinen Schlaf zu bekommen.

In der Hütte in der Mitte der Koppel für die Stuten steht das Häuschen, in dem ich schlafe.

Das Thema des heutigen Tages ist Leichtigkeit und Weichheit. Gestern haben wir uns damit beschäftigt, ein bestimmtes Energielevel aufzubauen. Das gelingt uns schon so gut, dass wir heute mehr Leichtigkeit und Weichheit aufbauen wollen. Es genügt nicht mehr, dass das Pferd unsere Körpersprache deutet und macht. Es soll meine Absicht erkennen und sie zu seiner eigenen machen. Meine Angebote sind so faszinierend, dass es Lust hat, mitzumachen, mit mir gemeinsam ein Team zu sein.

Durch Zuschauen lernen.

Führen bedeute daher zuerst Folgen. Dieses Folgen ist absichtslos. Es ist ein Annähern mit dem Auftrag, ich bin da als Angebot. Dann folgt die Aufgabe, Grenzen zu setzen. Elma nennt es NEIN-Sagen. Das ist vielleicht missverständlich. Im Begrenzen liegt die Möglichkeit, den anderen zu spüren. Und es bedeutet, du bist es mir wert, dass ich dir ein NEIN gebe. Wichtig ist, dass es nicht prophylaktisch stattfindet. Erst, wenn der Gedanke gefasst ist oder wenn tatsächlich gehandelt wird, dann wird die Grenze gezogen. Mein Learning an diesem Vormittag ist, dass ich als Führungskraft in Vorleistung treten muss. Wenn ich mich anstrenge, dann kann ich auch etwas fordern. Wenn ich schlapp bleibe, dann gibt es keinen Grund, weshalb ich von einem anderen Wesen verlangen kann, dass es sich anstrengt. Damit ist es auch meine Aufgabe, dass es sich nach unserer Zusammenarbeit gut anfühlt. Ich bin weder gleichgültig geblieben, noch hat unser Zusammentreffen einen negativen Nachgeschmack.

Langsam werden die Erkenntnisse so viel, dass ich die Herausforderung mir alles zu merken, verliere. Besonders wenn wir bei Essen gemeinsam am Tisch sitzen, würde ich gerne mit den Händen zugreifen können auf all die wichtigen Sätze, damit sie nicht an mir vorbeirauschen.

Übung: Eine Person streckt den Arm ein wenig aus. Die andere Person legt ihre Hand auf den Arm. Jetzt beginnt die erste Person ihren Arm zu bewegen. Die zweite Person stellt sich vor ängstlich zu sein und bewegt ihr Hand in diesem Gefühl. Danach stellt sie sich vor, dominant zu sein und bewegt die Hand. Jetzt erst versucht sie ohne Absicht zu folgen. In den meisten Fällen tritt dann eine verschmolzene Bewegung ein und so etwas wie Partnerschaft. Es wird immer unklarer, wer die Initative hat und wer folgt.

Persönliche Abendnachlese:

Nach der Aufforderung gestern bin ich hoch motiviert und siehe da, das Pferd kommt überhaupt nicht mehr zum Gehen. Es trabt getrieben von meiner Energie durch die Halle. Heute ist es meine Aufgabe, die richtige Dosis zu finden. Wie verringere ich meine Energie, die ich ausstrahle und gebe mehr Entspannung weiter? Einfach mal stehen bleiben und sein. Selbst ruhiger atmen und loslassen. Auch das kenne ich von mir. In meinem Aktionismus bemerke ich nicht, dass ich die anderen abhänge. Meist komme ich mit vielen Aufträge aus der Besprechung. Die anderen sind mir zu lahm, haben nicht schnell genug reagiert. Meine Ungeduld führt dazu, dass die anderen gar nicht mitmachen wollen. Schnellstmöglich wollen sie raus aus meinem Energiefeld. Ich schaffe es nach einigen Anläufen, dass ich zwischen Schritt und Trab wechseln kann. Ich spüre, wenn ich zu viel Druck aufbaue.

Der Hund darf auf das Sofa, außer der Hund darf nicht auf das Sofa. Inkonsequenz ist eine Kraft.

Elma Esrig, Präsenztraining

Tagebucheintrag 06.08.2022

Langsam saugt sich die Feuchtigkeit in meine Hose. Heute Nacht hat es geregnet. Es ist abgekühlt. Entgegen meiner Annahme hat es die Anzahl von Fliegen nicht reduziert. Es ist ruhig und friedlich auf dem Hof. Das Huhn ist der festen Überzeugung, dass es auf dem Tisch picken darf.
Ich bin gespannt, was mir heute begegnet. In der Nacht sind meine Gedanken gekreist. Es ist wirklich eine Kunst, das Pferd als Subjekt zu behandeln. Schnell ist die Grenze zum Objekt überschritten, geht es nur noch darum, die eigene Großartigkeit beim Führen zu zeigen. Und ich wäre gerne großartig. Der Mittelpunkt des Universums eines anderen Wesens. Und gleichzeitig habe ich nicht mal einen Pulli eingepackt, friere ein bisschen und überlege, wie ich in meinem eigenen Universum wichtiger werden könnte.

Elma nimmt sich gerade neben dem Tisch ihrem Pferd Qualitity-Time. Er wird gegen seine Allergie behandelt. Es tut weh und daher waren sie am Pflegeplatz uneins. Jetzt frisst er das Gras um den Tisch. Es ist ihr wichtig, dabei zu sein, wenn etwas Gutes passiert. Sie profitiert davon, dass er Gras mag und wenn sie da ist, wenn es Gras gibt, dann wird sie wieder zu etwas Gutem.

Die heutige Aufgabe besteht darin, eine weitere Möglichkeit zu finden, Kontakt aufzubauen.

Da geht schon einiges zwischen uns.
Und zuschauen.

Tagebucheintrag 07.08.022

Es ist Sonntag. Es hat sich schnell eine Routine eingestellt. Frühstück am großen Tisch unter den Bäumen. Elma verkündet ihren Plan für den Tag. Zwei Personen (darunter ich) machen nochmal Bodenarbeit. Und die drei anderen dürfen sich im Reiten versuchen.
Mein Entschluss, dass ich für mich sorge, mündet darin, dass ich als erste mit dem Pferd arbeite.

Dazu sagt Elma lediglich: „Ein guter Reiter zu werden, dauert 120 Jahre.“ Das sei ein Spruch, der sie sehr entlastet habe. Das habe ihren Ehrgeiz gestoppt.

Das ist das besondere an der Arbeit mit Pferden. Wenn es nicht funktioniert hat, dann kannst du es am nächsten Tag wieder versuchen. Jeder Tag ist ein neuer Versuch. Ein Scheitern gibt es nicht. Ich zweifle daran, ob das in der Zusammenarbeit mit Menschen genauso ist.

Ziel der Bemühungen ist, dass ich schlussendlich mit kleinen Gesten eine große Wirkung erziele. Die Mittel werden immer kleiner, dadurch dass ich Energie, Position und Timing verinnerliche. Das Pferd ist immer noch das Pferd. Es hört nicht besser.

Fazit

Alles spricht dafür, sich selbst herauszufordern. Lebe deine Abenteuerlust. Lebe das Durchbrechen deiner Gewohnheiten.

Ich habe die vier Tage genutzt. Kein Fernsehen, keine Nachrichten, kein Alkohol und kein weisser Zucker. In dieser Umgebung war das einfach. Ich habe mich entspannt. Was kann ich nun in mein Leben übertragen? Focus halten ist wichtig.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Bernd Seuren

    Der Anfang ist gut, hat mich gefesselt weiter zu lesen….
    Nun bin ich gespannt wie es weitergeht, will doch wissen, was denn nun mit den HottaHüs abläuft…guter Cliffhanger.

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